Wird Großbritannien nach dem Brexit bei der Fischerei seine Versprechen einhalten?

Gesetz könnte dem Land – und der EU – beim Erreichen einer nachhaltigen Fischerei helfen

Wird Großbritannien nach dem Brexit bei der Fischerei seine Versprechen einhalten?
Jeff Mitchell/Getty Images

Die britische Regierung verkündet schon seit langem, dass sie beim Fischereimanagement „weltweit führend“ werden will. Nach der Veröffentlichung des britischen Fischereigesetzentwurfs am 30. Januar haben die Entscheidungsträger nun die Chance, dieses Ziel zu erreichen. Aber dazu sind bindende Zusagen erforderlich. Mit diesem Gesetz könnte Großbritannien zeigen, dass man aus gutem und schlechtem Fischereimanagement auf der ganzen Welt gelernt hat und die eigenen Fischbestände – von denen viele noch immer überfischt werden – künftig nachhaltiger bewirtschaften will.

Britische Politiker hatten bereits in den letzten zwei Jahren genug Gelegenheit, aus dem Scheitern solcher Gesetzesverabschiedungen zu lernen. Dem ersten Gesetzentwurf im Oktober 2018 ging eine Pressemitteilung des britischen Ministeriums für Umwelt, Ernährung und Ländliche Angelegenheiten voraus, in der das Gesetz für seine Nachhaltigkeitsbestimmungen gepriesen und die Presse zur Berichterstattung angeregt wurde – bevor Journalisten der Gesetzestext überhaupt vorlag.

Leider entsprach der Wortlaut nicht der Ankündigung: Das Gesetz hätte einen flexiblen „Rahmen“ für Fischereientscheidungen, aber nur wenige verbindliche Anforderungen geschaffen und einen Großteil der britischen Fischereipolitik später dem Ermessen künftiger Minister überlassen.

Der neue Gesetzentwurf vom 30. Januar – beworben mit der gleichen proaktiven Presse-Strategie – enthält Verbesserungen in einigen Bereichen, aber leider auch weiterhin viele bekannte Mängel. Er stärkt die Ziele und Mechanismen zur Erreichung der Nachhaltigkeit für die einzelnen Fischereien oder Bestände. Auch wird an dem Ziel festgehalten, die Bestände wieder auf ein produktives Niveau zu bringen, was die Ziele der gemeinsamen EU-Fischereipolitik widerspiegelt. Aber die Gesetzgebung weist auch einen besorgniserregenden Mangel an Klarheit über die dafür notwendigen jährlichen Kontrollen des fischereilichen Drucks auf. Statt der klaren Vorgabe eines jährlich nachhaltigen Fischfangs enthält der Gesetzesentwurf eine komplexe Struktur aus teilweise optionalen „Bewirtschaftungsplänen“, mit denen sich die Ziele für die einzelnen Bestände erreichen lassen – oder auch nicht.

Die Minister scheinen noch immer davon auszugehen, dass der britischen Regierung die Flexibilität zustehen sollte, in manchen Jahren einige Bestände nicht nachhaltig zu befischen. Daher ist dies ein kritischer Punkt, der nach einer schärferen Formulierung verlangt. Letztlich profitieren alle – Endverbraucher, Fischereiindustrie und Fischbestände – langfristig von einer Beendigung der Überfischung. Tatsächlich schadet eine anhaltende Überfischung am Ende der Fischereiindustrie mehr als allen anderen Interessengruppen. Folglich liegt es im Eigeninteresse der Fischereiunternehmen und des Fischfachhandels, eine Politik zu unterstützen, die zur Nachhaltigkeit führt.

Wie Jahrzehnte des Fischereimanagements gezeigt haben, funktioniert eine offizielle „Politik des Vertrauens“ einfach nicht. Erfolgreiche Fischereimanager haben u. a. in den USA durch Verabschiedung und Befolgung rechtlich bindender Vorgaben die Überfischung reduziert sowie für eine Erholung der Bestände und damit eine ertragreiche Fischerei gesorgt. Andernorts führen allgemeine Absichtserklärungen, die Bestände irgendwann in den kommenden Jahrzehnten wiederherzustellen – ohne Reduzierung des fischereilichen Drucks und mit jahrzehntelangen Zeitrahmen für Bestandserholungen – zu entgegengesetzten Ergebnissen.

Zudem hat die erwähnte Politik des Vertrauens bislang dazu geführt, dass EU-Politiker sich öffentlich auf ambitionierte Ziele für die Bestandserholung einigen, um dann jeden Dezember hinter verschlossenen Türen für die kommenden zwölf Monate untragbar hohe Fanggrenzen festzulegen.

Dieses Versagen beim Schutz der Fischbestände und von ihnen abhängiger Fischereien liegt nicht daran, dass die Minister besonders ineffizient vorgehen oder dass es in Reichweite zu unkontrolliertem, nicht gemeldetem oder illegalem Fischfang kommt. Schuld sind auch nicht der Klimawandel oder chemische Veränderungen im Wasser, obwohl all dies sicherlich nicht förderlich ist. Es liegt viel mehr daran, dass die Minister unter großen politischen Druck gesetzt werden, eine Reduzierung der Fanggrenzen abzulehnen und höhere Fangmengen für das nächste Jahr zu sichern. Die Zunahme der Überfischung wird zu einer sehr realen Gefahr, wenn sich Großbritannien und die EU in den kommenden Jahren nicht auf ihre relativen Anteile an einzelnen Fischereien einigen können.

Noch ist es nicht zu spät für britische Abgeordnete, den Gesetzentwurf zu verbessern, indem sie die Forderung einfügen, den fischereilichen Druck jedes Jahr auf das wissenschaftlich festgelegte nachhaltige Höchstmaß zu begrenzen – eine für sich genommen wenig ehrgeizige Schutzmaßnahme. Oder ein ökosystembasiertes Fischereimanagement zu fordern, das drohende Produktivitätseinbußen und die Verlagerung von Beständen einbezieht. Denn dazu wird der Klimawandel laut wissenschaftlicher Prognose führen, was auch für die Fischereien rund um Großbritannien Konsequenzen haben dürfte. Zumindest sollte der Gesetzentwurf anderen erfolgreichen Fischereimanagementsystemen wie dem der USA entsprechen, indem er die Erholung erschöpfter Bestände innerhalb eines bestimmten Zeitraums vorschreibt.

Großbritannien wird sich die Bewirtschaftung vieler Bestände weiterhin mit der EU und Norwegen teilen. Um das Versprechen eines „weltweit führenden“ Fischereimanagements zu erfüllen, wird Großbritannien in seinen eigenen Gewässern und bei seinen Partnern in der Region Führungsqualitäten zeigen müssen.

Andrew Clayton leitet die Bemühungen der Stiftung „The Pew Charitable Trusts“, die Überfischung in Nordwesteuropa zu beenden.